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Hüten Sie sich vor einem unbeschwerten Konsens
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Global Equity Observer
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Juni 23, 2025
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Juni 23, 2025
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Hüten Sie sich vor einem unbeschwerten Konsens |
Fundamentale Aktienanlagen sind die Kunst, mit Unsicherheit umzugehen. Für langfristig orientierte Anleger wie uns geht es darum, sich einen Überblick über die Gewinnentwicklung für mindestens zehn Jahre für die Unternehmen zu verschaffen, die wir in Betracht ziehen.
Neben der Analyse der Wachstumsaussichten eines Unternehmens umfasst dies auch das Verständnis der Stärke seiner Wettbewerbsvorteile und die Bewertung potenzieller Risiken für die Nachhaltigkeit seiner Renditen – unabhängig davon, ob sie selbstverschuldet (z. B. aus einer schlechten Kapitalallokation) oder extern (z. B. aus der sich ständig verändernden Wettbewerbs- und Regulierungslandschaft) sind. Es ist eher eine Kunst als eine präzise Wissenschaft, da nur einige dieser Risiken quantifiziert werden können. Andere dieser Risiken sind eindeutig der Knight'schen Unsicherheit zuzuordnen – Ergebnisse, denen keine Wahrscheinlichkeiten zugewiesen werden können.1
Um die Risiken zu mindern, die eine unsichere Zukunft mit sich bringen kann, stehen Anlegern hauptsächlich zwei Instrumente zur Verfügung: Das erste besteht darin, nach Unternehmen zu suchen, bei denen der Gewinnausblick sicherer ist. Sie wissen bereits, dass wir das Loblied wiederkehrender Umsätze und Preissetzungsmacht singen, die maßgeblich zu einer stabileren Kapitalvermehrung beitragen. Das zweite besteht darin, nach Anlagen zu suchen, bei denen die aktuelle Bewertung die Aussicht auf eine positive Rendite erlaubt, selbst wenn die Gewinne sinken sollten. Wir sind bestrebt, beide Instrumente zu verwenden, wobei wir sowohl bei den Gewinnen als auch bei der Bewertung hohe Ansprüche haben.
Beim Aufbau unserer hochwertigen Aktienportfolios verbringen wir den Großteil unserer Zeit damit, über die Nachhaltigkeit der Renditen und die Robustheit der Gewinne aller von uns gehaltenen Titel zu diskutieren. Die vorhersehbare Kapitalvermehrung ist kein leichtes Unterfangen. Man kann sich nicht einfach an aktuelle Gewinner oder die Mega-Caps halten. Unter den zehn größten Bestandteilen des S&P 500 Index vor 20 Jahren (Dezember 2004) erzielten drei Unternehmen in diesem Zeitraum (bis Dezember 2024) ein negatives (!) Gewinnwachstum je Aktie. Zwei Unternehmen durchliefen Fusionen und sind daher nicht länger unabhängig notiert. Vier Unternehmen erzielten eine sehr bescheidene jährliche Gewinnwachstumsrate je Aktie von 1% bis 6%. Nur ein Unternehmen erzielte eine sehr respektable jährliche Gewinnwachstumsrate je Aktie im zweistelligen Bereich (ca. 12,6%) –, ein US-Software-Unternehmen, bei dem es sich um unsere größte Position in unseren globalen Portfolios handelt.2
Die letzten 20 Jahre brachten zweifelsohne viele Herausforderungen mit sich – die globale Finanzkrise, der Zahlungsausfall eines europäischen Lands und eine weltweite Pandemie, um nur einige zu nennen.3 Für den Unternehmenssektor insgesamt war dies jedoch ein recht guter Zeitraum: Die operativen Gewinnmargen (vor Steuern) der Unternehmen sind gegenüber ihrem Niveau des Jahres 2004 um etwa 40% gestiegen (ggü. ~12% to ~17% für den MSCI World Index), wozu Produktivitätsgewinne und internationale Lieferketten beitrugen. Hinzu kommt, dass die effektiven globalen Körperschaftssteuersätze im gleichen Zeitraum um etwa ein Drittel gesunken sind (ggü. ~30% to ~20%).4 Trotz dieses beträchtlichen Rückenwindes erzielte der MSCI World Index in diesen 20 Jahren nur eine durchschnittliche jährliche Gewinnwachstumsrate je Aktie von 4,6%.5
Wie sieht die Lage heute aus? Es lässt sich kaum leugnen, dass die Konsenserwartungen für das Gewinnwachstum je Aktie im MSCI World Index um 11% in diesem Jahr und weitere 13% im Jahr 2026 im Vergleich zum langfristigen Gewinnwachstum des Marktes von nur 5% einen sehr optimistischen Eindruck machen.6 Die Vergangenheit wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich oft.
Nur rund 5% des Gewinnwachstums des Marktes stammt aus dem Umsatzwachstum, da das nominale BIP zugenommen hat, während der Rest größtenteils aus einer Margenexpansion stammt. Es ist auch nicht offensichtlich, woher diese Margenexpansion der Unternehmen kommen könnte, da die Margen im historischen Vergleich bereits hoch sind. Die Margen müssen auch noch die Auswirkungen des laufenden Versuchs der US-Administration widerspiegeln, globale Handelsströme auszubalancieren, was eine (absichtliche) Neudefinition der aktuellen Lieferketten für einen beträchtlichen Teil des Unternehmenssektors erfordert.
Finden die Anleger wenigstens einen gewissen Trost in den Kennzahlen? Nach den Turbulenzen des ersten Quartals haben sich die globalen Aktienmärkte schnell wieder erholt, sodass die Bewertungen bis Ende Mai einen 12-Monats-Forward-KGV von 19,1 erreichten – das entspricht nahezu einem 20-Jahres-Hoch7. Der einzige Zeitpunkt, zu dem diese Kennzahlen deutlich höher (ca. 21,5) waren, war während der Pandemie. Damals wurden sie jedoch auf zyklisch niedrige Gewinne angewendet (da die westlichen Volkswirtschaften teilweise geschlossen waren).
Anders gesagt scheinen die Märkte mit großer Sicherheit zu rechnen, was wenig Spielraum lässt, um etwaige Enttäuschungen bei den aktuellen überhöhten Gewinnerwartungen zu absorbieren.
Wie sagte doch Warren Buffett? „Die Zukunft ist nie klar und man zahlt einen sehr hohen Preis für einen unbeschwerten Konsens.“ Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die globalen Aktienmärkte eine hervorragende Quelle für eine langfristige Kapitalvermehrung für unsere Kunden sein können. Wir haben jedoch den Eindruck, dass der Markt aufgrund einer optimistischen Prognose des Gewinnwachstums einen hohen Grad an Sicherheit eingepreist hat. Angesichts der sehr hohen geopolitischen Unsicherheit empfehlen wir Anlegern in diesem Umfeld, sich auf langfristiges Kapitalwachstum zu konzentrieren. Ein konzentriertes Portfolio erstklassiger Unternehmen kann mehr Sicherheit bei den Gewinnen bieten und das Abwärtspotenzial bei den Bewertungen durch eine Free-Cashflow-Rendite, die in etwa dem Markt entspricht, begrenzen. Dies sollte sich als hilfreich erweisen, wenn sich die Welt (wieder einmal) als weniger vorhersehbar erweist, als optimistische Prognosen vermuten lassen.
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Executive Director
International Equity Team
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