Einblicke
Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück
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Global Equity Observer
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Mai 18, 2022
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Mai 18, 2022
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Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück |
Unseres Erachtens ist das Gesundheitswesen ein natürlicher Bereich, um nach erstklassigen defensiven Unternehmen zu suchen. In vielen Fällen werden die Umsätze und Eintrittsbarrieren durch Patente, Regulierung und langfristige Verträge geschützt. Das Potenzial zur längerfristigen Kapitalvermehrung eines Unternehmens muss jedoch auf Einzelfallbasis geprüft werden, da sich hier große Unterschiede ergeben können.
Es reicht nicht aus, sich auf eine langjährige Patentlaufzeit, großzügige Preise und jahrzehntealte Therapien und Rahmenbedingungen zu verlassen. Wir suchen nach Unternehmen, die innovativ sind, neue Therapien und Behandlungen anbieten und an wissenschaftlichen Paradigmenwechseln beteiligt sind. All diese Faktoren können sich direkt auf die längerfristige Ertragsstärke und die Fähigkeit auswirken, kontinuierlich hohe Renditen auf das Betriebskapital zu erwirtschaften. Eine der wichtigsten Entwicklungen, auf die es in Bezug auf Gesundheitsunternehmen zu achten gilt, ist der Trend zur sogenannten „personalisierten Medizin“. Personalisierte Medizin wirkt sich auf viele Aspekte der Wertschöpfungskette des Gesundheitswesens aus und bahnt den Weg für neuartige Therapien und Behandlungen für Krankheiten, die bislang als unheilbar galten.
Ein Beispiel ist das Usher-Syndrom, eine seltene genetische Krankheit, die bei kleinen Kindern zu Taub- und Blindheit führt und für die es bislang keine wirksame Therapie gibt. Eine solche Therapie wäre bahnbrechend. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Technologien, die ihr zugrunde liegen, sind jedoch nicht neu. Es handelt sich hierbei um das Verfahren der DNA-Sequenzierung. Dabei wird das Genom einer Person mit einer bestimmten Krankheit mit jemandem verglichen, der diese Krankheit nicht hat. So können Wissenschaftler das Gen identifizieren, das die Krankheit verursacht hat. 1990 kostete die Sequenzierung des ersten menschlichen Genoms 5,5 Milliarden Dollar und dauerte 13 Jahre. Heutzutage dauert sie weniger als einen Tag und kostet rund 200 Dollar. Das Usher-Syndrom könnte geheilt werden, wenn das fehlerhafte Gen mit einem gesunden ersetzt wird, wodurch das Auftreten von Symptomen verhindert werden kann, die zur Taub- und Blindheit führen. Die DNA-Sequenzierung hat bei der Entwicklung von Therapien für bestimmte Erkrankungen bereits eine zentrale Rolle gespielt. Immuntherapeutika beispielsweise greifen Krebs direkt auf neuartige Weise an, indem sie die Krebsgene verändern. Nun kommt die personalisierte Medizin ins Spiel: Patienten werden unter Berücksichtigung ihrer eigenen Gene, der erwarteten Reaktion und des Risikos einer Erkrankung behandelt.
Ein Schritt vorwärts: Das Versprechen der personalisierten Medizin
Die Genomrevolution hat den Umstieg von der Massenmedizin zu einem individuelleren Ansatz ermöglicht. Der traditionelle Ansatz ist so, als ob man in einen Schuhladen ginge und ein Paar Schuhe kaufen würde, ohne vorher die Größe zu prüfen oder sie anzuprobieren. Personalisierte Medizin bedeutet, dass medizinische Behandlungen auf die individuelle DNA jedes Patienten und ihrer spezifischen Erkrankung maßgeschneidert wird. Zolgensma, das Medikament eines Schweizer Pharmakonzerns ist vielleicht das beeindruckendste Beispiel der Gentherapie, die eine spezifische Form der personalisierten Medizin ist. Zolgensma ersetzt ein defektes mit einem funktionierenden Gen und wird zur Behandlung von erblich bedingter spinaler Muskelatrophie bei kleinen Kindern eingesetzt. Zwar steckt die Gentherapie noch in den Kinderschuhen und ist sehr teuer, aber sie könnte die Heilung vieler Erkrankungen ermöglichen.
Ein weiteres Beispiel personalisierter Medizin ist Enhertu, das von einem britisch-schwedischen Pharmaunternehmen entwickelt wurde. Enhertu stellt einen wichtigen Fortschritt bei der Heilung von Krebs dar. Herkömmliche Chemotherapie vergiftet gesunde Körperzellen, in der Hoffnung, damit auch die Krebszellen abzutöten. Enhertu ist ein komplexes Arzneimittel, das Chemotherapie nur an die Krebszellen liefert. Dadurch werden die gesunden Zellen geschützt und Ärzte können das toxische Medikament lokalisiert in höheren Dosen verabreichen. Enhertu hat das Potenzial, sehr spezifische Formen von Brustkrebs zu behandeln, für die es bislang fast gar keine Therapien gab.
Zwei Schritte zurück: Die Fallstricke der personalisierten Medizin
Die Entwicklung von personalisierter Medizin ist ein holpriger Weg. Arzneimittelhersteller sind den üblichen Risiken ausgesetzt, wenn sich Therapien in klinischen Studien als nicht wirksam oder nicht sicher genug erweisen. Selbst in Fällen, in denen Studien erfolgreich abgeschlossen werden und diese Medikamente von den Behörden zugelassen werden, sind unerwünschte Nebenwirkungen möglich. Einige Gentherapien kommen nur für 25 Prozent der potenziellen Patientenpopulation infrage, weil ihre Kosten astronomisch sind und Sicherheitsbedenken bestehen. Außerdem verlangen einige Ärzte eine bessere Erfolgsbilanz in Bezug auf die Sicherheit, bevor sie das Medikament in einer Einmaldosis verabreichen, die lebenslange Auswirkungen für den Patienten hat und nicht rückgängig gemacht werden kann. Bei Erkrankungen wie Hämophilie könnten sich manche Patienten für bestehende Behandlungsformen entscheiden und 10 bis 20 Jahre abwarten, bis erwiesen ist, dass die neuen Therapien funktionieren. Abwarten ist jedoch ein Luxus, den sich nicht alle Patienten leisten können. Kinder mit erblich bedingter spinaler Muskelatrophie haben eine Lebenserwartung von nur zwei Jahren. Zolgensma könnte also lebensrettend sein. Für manche Patienten ist es das Risiko wert.
Die Auswirkungen personalisierter Medizin auf Investments im Gesundheitswesen
Was bedeuten diese Chancen und Risiken für die Aktienauswahl im Gesundheitswesen? Wir halten nichts davon, bestimmte Unternehmen nur deshalb zu besitzen, weil sie ein bestimmtes Medikament entwickeln. Unternehmen, die sich auf ein einziges Medikament konzentrieren (wie Biotechunternehmen in der Frühphase), stehen an der Spitze des Fortschritts, sind aber auch die ersten, die mit Rückschlägen fertig werden müssen. Derartige Investitionen gehen auch mit einem erheblichen Konzentrationsrisiko einher und sind nicht mit einer längerfristigen Kapitalvermehrung gleichzusetzen, was besonders dann gilt, wenn das Patent abläuft (rund zehn Jahre nach der Zulassung).
Glücklicherweise ist diese Revolution nicht auf die Medikamente selbst beschränkt. Der Wechsel zu personalisierter Medizin erfordert umfassende Änderungen in der Art und Weise, wie Gesundheitsversorgung verabreicht, bezahlt und überwacht wird. Dadurch ergeben sich für Anleger weitere Chancen in zweiter und dritter Instanz.
Nicht nur die Behandlungen werden immer gezielter und komplexer, sondern auch die Art und Weise, wie Krankheiten diagnostiziert und überwacht werden. Wie soll man wissen, welche Therapie für einen Patienten die richtige ist, wenn man die spezifische Art der Erkrankung nicht einordnen kann? Diagnostik ist für 70 Prozent der Therapieentscheidungen verantwortlich. Das bedeutet, dass die Diagnostik mit den Entwicklungen in der Therapie Schritt halten muss. Diagnosetests spielen bei der Gesundheitsökonomie eine zentrale Rolle. Wenn Ärzte die relevanten Krankheitsmarker über Tests identifizieren können, verschwenden Gesundheitssysteme keine Arzneimittel an Patienten, die auf diese Medikamente niemals angesprochen hätten. Unternehmen wie ein diversifiziertes US-Gesundheitsunternehmen und ein diversifiziertes US-Naturwissenschafts- und Technologieunternehmen stehen bei der Entwicklung von Molekulardiagnosetests an erster Stelle, mit denen festgestellt werden kann, ob ein Patient für bestimmte personalisierte Medikamente in Frage kommt. Diagnostikunternehmen haben den Vorteil, dass sie am Trend der Entwicklung von immer komplexeren Medikamenten beteiligt sind, ohne dass sie die damit einhergehenden Risiken von gescheiterten Studien, auslaufenden Patenten und Preisdruck aufweisen.
Das Gesundheitswesen hat bei der Entwicklung und Verabreichung von personalisierter Medizin enorme Fortschritte gemacht. Die lebenswichtigen Vorteile für Patienten gehen mit einem hohen Potenzial der Kapitalvermehrung für diese hochwertigen Anlagen einher.
Risikohinweise
Es besteht keine Garantie, dass ein Portfolio sein Anlageziel erreichen wird. Portfolios sind Marktrisiken ausgesetzt, d. h. es besteht die Möglichkeit, dass der Marktwert der Wertpapiere im Portfolio zurückgeht. Marktwerte können sich aufgrund wirtschaftlicher und anderer Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen, Gesundheitskrisen, Terrorismus, Konflikte und soziale Unruhen), die Märkte, Länder, Unternehmen oder Regierungen betreffen, täglich ändern. Der Zeitpunkt, die Dauer und mögliche negative Auswirkungen (z. B. Portfolio-Liquidität) von Ereignissen lassen sich nur schwer vorhersehen. Anleger können deshalb durch die Anlage in dieser Strategie Verluste verzeichnen. Anleger sollten beachten, dass diese Strategie bestimmten zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein kann. Veränderungen der globalen Konjunktur, der Verbraucherausgaben, des Wettbewerbs, der demografischen Entwicklung, der Verbraucherpräferenzen, der gesetzlichen Regelungen und der Wirtschaftsbedingungen können sich auf globale Franchise-Unternehmen negativ auswirken und die Strategie stärker belasten als bei einer Investition der Strategie in eine größere Vielfalt von Unternehmen. Die Aktienkurse reagieren im Allgemeinen auch auf unternehmensspezifische Aktivitäten. Anlagen in ausländischen Märkten sind mit besonderen Risiken verbunden. Dazu zählen politische und wirtschaftliche Risiken sowie Währungs- und Marktrisiken. Die Aktien von Small- und Mid-Cap-Unternehmen weisen besondere Risiken wie begrenzte Produktlinien, Märkte und Finanzressourcen auf. Darüber hinaus sind sie einer stärkeren Marktvolatilität ausgesetzt als die Wertpapiere größerer, etablierter Unternehmen. Die Risiken einer Anlage in Schwellenländern übersteigen jene Risiken, die mit Investitionen in ausländischen Industrieländern einhergehen. Finanzderivate können Verluste unverhältnismäßig stark steigern und erhebliche Auswirkungen auf die Performance haben. Sie unterliegen möglicherweise auch Kontrahenten-, Liquiditäts-, Bewertungs-, Korrelations- und Marktrisiken. Illiquide Wertpapiere sind möglicherweise schwieriger zu verkaufen und zu bewerten als börsengehandelte Titel (Liquiditätsrisiko). Nicht diversifizierte Portfolios investieren oft in eine kleinere Zahl von Emittenten. Aus diesem Grund können Veränderungen der finanziellen Situation und des Marktwerts einzelner Emittenten zu einer höheren Volatilität führen. ESG-Strategien, die Impact-Investing- und/oder ESG-Faktoren berücksichtigen, können dazu führen, dass die relative Anlageperformance von anderen Strategien oder breiten Marktbenchmarks abweicht. Dies hängt davon ab, ob der Markt solche Sektoren oder Anlagen aktuell bevorzugt. Daher ist nicht gewährleistet, dass ESG-Strategien zu einer günstigeren Anlageperformance führen werden.
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Vice President
International Equity Team
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