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Widerstandsfähige Kapitalvermehrer: Jeden Cent wert
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Global Equity Observer
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Oktober 19, 2020
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Oktober 19, 2020
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Widerstandsfähige Kapitalvermehrer: Jeden Cent wert |
Die drei globalen Strategien des International Equity-Teamsverzeichneten im bisherigen Jahresverlauf stagnierende Erträge. Dagegen gab der MSCI World Index insgesamt um 15% nach. Bruno Paulson setzt sich mit der Frage auseinander, weshalb hochwertige Kapitalvermehrer keine höheren Prämien erzielen.
Kapitalvermehrer erzielen einen konstanten Wertzuwachs
Das entscheidende Merkmal von Kapitalvermehrern besteht darin, dass sie über die verschiedenen Zyklen hinweg höhere Erträge erzielen bzw. ihre Erträge stärker "vermehren" als durchschnittliche Unternehmen. Dies liegt hauptsächlich daran, dass sie in schwierigen Zeiten – wie 2020 – widerstandsfähigere Erträge erzielen. Unsere drei globalen Strategien haben im bisherigen Jahresverlauf im Durchschnitt stagnierende Erträge verzeichnet. Dagegen gab der MSCI World Index insgesamt um 15 % nach.
Höhere Aufschläge Fehlanzeige – ein Rätsel
Für eine Outperformance reicht es nicht aus, ein schnelleres Ertragswachstum zu hohen Renditen zu erzielen. Ausschlaggebend ist auch die Anfangsbewertung – denn letztendlich sind Wachstumswerte dafür bekannt, dass sie in Erwartung eines schnelleren Ertragswachstums zu einem Aufschlag gehandelt werden. Kapitalvermehrer haben über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich eine Outperformance erzielt. Das bedeutet, dass die vom Markt gebotenen Aufschläge nicht dem höheren, zyklusunabhängigen Wachstum dieser Unternehmen entsprechen – eine Anomalie, die unseres Erachtens bis heute anhält.
Es steht außer Frage, dass anhaltend hohe Kapitalrenditen im Laufe der Zeit zu einem überlegenen Ertragswachstum führen sollten, denn die Kombination aus Preismacht und wiederkehrenden Erträgen bei einer gleichzeitig geringen Kapitalintensität ist natürlich attraktiv. Unternehmen mit einem konstanten Kapitalzuwachs sind zudem hinreichend bekannt und werden ausreichend von den Analysten bedacht. Dies steht beispielsweise im Gegensatz zu mysteriösen Small Caps. Unseres Erachtens lässt sich der Erfolg der Sub-Anlageklasse der Kapitalvermehrer am besten mit dem Misserfolg, oder besser den Misserfolgen des Gesamtmarkts erklären. Diese Misserfolge sind darauf zurückzuführen, dass die falschen Kennzahlen gemessen werden, nämlich die kurzfristige relative Wertentwicklung und das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis.
Aufgrund der Branchenstruktur liegt der Fokus auf der relativen Wertentwicklung
Der erste Messfehler liegt in der Branchenstruktur begründet. Die Wertschöpfungskette im Investmentbereich umfasst in der Regel mehrere Parteien, beispielsweise den Vorstand eines Unternehmens mit einem Pensionsplan, die Mitarbeiter des betrieblichen Pensionsfonds, den Berater des Pensionsplans und die Portfoliomanager. Selbst wenn alle Beteiligten im Beobachtungszeitraum unverändert bleiben, können die Fähigkeiten der an der Wertschöpfungskette beteiligten Personen nur sehr schwer gemessen werden, da die kurz- und mittelfristige Performance erheblich von Stil- und idiosynkratischen Faktoren bestimmt werden kann.
Folglich konzentriert sich die Branche auf die relative Wertentwicklung, und zwar auf eine relativ kurzfristige Wertentwicklung, denn die Teilnehmer entlang der Wertschöpfungskette versuchen, den von ihnen eingebrachten Wert zu rechtfertigen und möchten letztendlich eine Entlassung vermeiden. Anstatt also den Schwerpunkt auf das absolute Risiko zu legen – das Risiko des Geldverlusts –, verhalten sich die Teilnehmer relativ risikoscheu, da ihre Risikobudgets rund um den Tracking Error begrenzt sind. Aufgrund dieser Anreize können Strategien mit einem hohen relativen Risiko, oder Tracking Error, aber einem niedrigen absoluten Risiko vernachlässigt werden. Insbesondere im Falle von Kapitalvermehrern, deren überdurchschnittliche Wertentwicklung sich auf turbulente Marktphasen konzentrieren und vorübergehender Natur sein kann, und die in Zeiträumen zwischen den Krisen, zumindest relativ betrachtet, eine normalere Performance verzeichnen.
Kurs-Gewinn-Verhältnisse können täuschen
Der zweite Messfehler besteht darin, dass der Fokus auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis gelegt wird. Diese Kennzahl ist aus zahlreichen Gründen fehlerhaft. Wir bezeichnen Gewinnprognosen gerne als "Vermutungen, die auf Unwahrheiten basieren". Es handelt sich hierbei in unseren Augen um "Vermutungen", weil die zukunftsgerichteten Schätzungen systematisch zu optimistisch sind: Die tatsächlichen Gewinne nach einem Jahr oder nach zwei Jahren bleiben im Durchschnitt jeweils um 8% und 15% hinter diesen Schätzungen zurück. Von "Unwahrheiten" sprechen wir deshalb, weil es sich dabei um bereinigte Ergebnisse handelt – wir bezeichnen das gerne als „Ergebnis vor den negativen Dingen“, seien es Abschreibungen oder die aktienbasierte Vergütung von Mitarbeitern. In den letzten fünf Jahren (2015-2019) sind 15% der bereinigten Ergebnisse (die Kennzahl, auf deren Grundlage der Konsens und häufig die Vergütung von Führungskräften berechnet werden) im MSCI World Index verschwunden, bevor sie letztendlich wieder am Ende der Gewinn-und-Verlust-Rechnung als endgültiges Ergebnis auftauchten. Das bedeutet, dass in einem Zeitraum von fünf Jahren 1,7 Bio. US-Dollar verpufft sind.
Wenn man die Vermutungen und Unwahrheiten miteinander kombiniert, dürften die prognostizierten Gewinne in den nächsten zwei Jahren im Durchschnitt 30% zu hoch sein, was bedeutet, dass die fiktiven Kennzahlen 40% zu niedrig sind. Hochwertige Unternehmen dürften in beiderlei Hinsicht seltener für Enttäuschung sorgen. Zum einen sind ihre Gewinne vorhersehbarer – was in diesem Jahr ersichtlich wurde – und zum anderen sind sie in der Regel weniger von außerordentlichen Abschreibungen betroffen. Nicht zuletzt deshalb, weil in ihrer Bilanz eher die materiellen Vermögenswerte anderer Unternehmen, seien es Fabriken oder Reserven, erfasst werden als ihre eigenen immateriellen Vermögenswerte, da diese durch die GuV und nicht durch die Investitionsausgaben abgebildet werden.
Die oben genannten Punkte legen nahe, dass die falsche Gewinnzahl verwendet wird. Aber das ist nicht das einzige Problem. Selbst wenn die richtige Gewinnzahl verwendet wird, ist die Verwendung eines Gewinnmultiplikators problematisch. Die zwei Sorgenkinder sind der Verschuldungsgrad und die Cash Conversion. Wir betrachten die Kennzahl bevorzugt auch auf nicht fremdfinanzierter Basis und vergleichen den Unternehmenswert (EV), den Marktwert des Eigenkapitals zuzüglich Fremdkapital, mit dem NOPAT (Nettobetriebsgewinn nach Steuern), also mit dem Gewinn, den das Unternehmen ohne Fremdkapital erzielt hätte. Das bedeutet, dass wir die Zinskosten wieder aufschlagen. Wenn man die Kennzahl EV/NOPAT heranzieht, werden die Gewinne nicht mehr vorteilhaft durch die Perspektive des Fremdkapitals betrachtet. Folglich werden verschuldete Unternehmen berechtigterweise einen teureren Eindruck machen.
Wir legen den Fokus auch gerne auf den freien Cashflow und gleichen dabei die Rendite auf den freien Cashflow mit den diskontierten Cashflows ab. Unser Fokus liegt naturgemäß auf den Barmitteln, da die Gewinne (als bilanzielle Kennzahl) nicht wirklich aussagekräftig sind. Barmittel werden für Zukunftsinvestitionen, die Ausschüttung von Dividenden, die Durchführung von Rückkäufen oder für den Erwerb anderer Unternehmen benötigt. Eine höhere operative Kapitalrendite bedeutet auch, dass ein größerer Anteil der Gewinne tatsächlich in Liquidität umgewandelt wird, da dieser nicht von Investitionsausgaben und Anforderungen bezüglich des Umlaufvermögens aufgesogen wird. Hohe operative Renditen sorgen auch dafür, dass weniger Fremdkapital benötigt wird, um eine ansehnliche Eigenkapitalrendite zu erzielen. Dies steht im Kontrast zu Versorgern, deren operative Kapitalrendite durchschnittlich 8% beträgt, oder zu Banken, die ohne Fremdkapitaleinsatz häufig eine operative Kapitalrendite von unter 1% haben.
Auf bereinigter Basis ist die Prämie des Portfolios gegenüber dem Markt äußerst gering
Die Bereinigung um das Fremdkapital und die Cash Conversion ist sinnvoll, wenn man die Bewertungen potenzieller Portfoliobeteiligungen miteinander vergleicht. Es deutet jedoch auch darauf hin, dass Kapitalvermehrer günstiger sind, als das einfache Kurs-Gewinn-Verhältnis nahelegt. Unsere drei globalen Strategien werden derzeit im Durchschnitt mit einem Aufschlag von 15% gegenüber den Gewinnprognosen des MSCI World gehandelt. Wenn man das EV-NOPAT-Verhältnis zugrunde legt, verringert sich dieser Aufschlag um 4%, und wenn man Barmittel als Grundlage verwendet, um 5%. Das bedeutet, dass sich der ursprüngliche Aufschlag von 15% auf lediglich 6% reduziert – selbst dann, wenn man die von den Analysten aufgestellten "Vermutungen, die auf Unwahrheiten basieren" (siehe oben), so hinnimmt. Dieser Aufschlag ist also stets zu niedrig, da wiederkehrende Erträge eine weitaus höhere Qualität und eine bessere Erfolgsbilanz aufweisen. In Anbetracht der unzähligen wirtschaftlichen und geopolitischen Ungewissheiten scheint dieser Aufschlag umso weniger angemessen zu sein. In einer äußerst zerbrechlichen Welt sind widerstandsfähige Unternehmen, wie die Kapitalvermehrer in unserem Portfolio, zweifellos attraktiv.
Risikoüberlegungen
Es besteht keine Garantie, dass ein Portfolio sein Anlageziel erreichen wird. Portfolios sind Marktrisiken ausgesetzt, d.h. es besteht die Möglichkeit, dass der Marktwert der Wertpapiere im Portfolio zurückgeht. Marktwerte können sich aufgrund wirtschaftlicher und anderer Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen, Gesundheitskrisen, Terrorismus, Konflikte und soziale Unruhen), die Märkte, Länder, Unternehmen oder Regierungen betreffen, täglich ändern. Der Zeitpunkt, die Dauer und mögliche negative Auswirkungen (z. B. Portfolio-Liquidität) von Ereignissen lassen sich nur schwer vorhersehen. Anleger können deshalb durch die Anlage in diese Strategie Verluste verzeichnen. Anleger sollten beachten, dass diese Strategie bestimmten zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein kann. Veränderungen der globalen Konjunktur, der Verbraucherausgaben, des Wettbewerbs, der demografischen Entwicklung, der Verbrauchernachfrage, der gesetzlichen Regelungen und der Wirtschaftsbedingungen können sich negativ auf global operierende Unternehmen auswirken und das Portfolio stärker belasten als bei einer Investition des Portfolios in eine größere Vielfalt von Unternehmen. Aktienkurse reagieren im Allgemeinen auch auf unternehmensspezifische Aktivitäten. Anlagen in ausländischen Märkten sind mit besonderen Risiken verbunden. Dazu zählen politische und wirtschaftliche Risiken sowie Währungs- und Marktrisiken. Die Aktien kleiner Unternehmen weisen besondere Risiken wie begrenzte Produktlinien, Märkte und Finanzressourcen auf. Darüber hinaus sind sie einer stärkeren Marktvolatilität ausgesetzt als die Wertpapiere größerer, etablierter Unternehmen. Die Risiken einer Anlage in Schwellenländern übersteigen jene Risiken, die mit Investitionen in ausländischen Industrieländern einhergehen. Nicht diversifizierte Portfolios investieren oftmals in eine beschränkte Anzahl von Emittenten. Aus diesem Grund können Veränderungen der finanziellen Situation und des Marktwerts einzelner Emittenten zu einer höheren Volatilität führen.
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