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Dekarbonisierung: Die Grundlagen
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Nachhaltiges Investieren
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September 16, 2020
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September 16, 2020
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Dekarbonisierung: Die Grundlagen |
Der ESG-Ansatz (Umwelt, Soziales und Governance) unseres Teams konzentriert sich auf die wesentlichen Risiken und Chancen, die die Fundamentaldaten von Unternehmen und/oder die Nachhaltigkeit der Renditen gefährden oder steigern könnten. Unsere Portfoliomanager und der Leiter des ESG-Research arbeiten proaktiv mit Geschäftsleitungen zusammen und bemühen sich unter anderem darum, Umweltrichtlinien und -praktiken zu ermitteln, die die Nachhaltigkeit der Renditen wesentlich beeinflussen könnten.
Der Klimawandel ist ein extrem komplexes Thema. Welche grundlegenden Fakten sollten Investoren kennen? Welche wirtschaftlichen Auswirkungen sind durch den Klimawandel zu erwarten? Was ist mit Scope-1-, Scope-2- und Scope-3-Emissionen gemeint, und warum sollten Unternehmen und Investoren auf Messungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette Wert legen? Welche Möglichkeiten haben Investoren, um die Klimabilanz ihres Portfolios zu verbessern? Wie kann ein qualitativ hochwertiges Aktienportfolio dabei helfen?
Dieser Artikel ist der erste Beitrag aus unserer Reihe zum Thema Kohlenstoff und beschäftigt sich mit diesen fünf Fragen.
1. Klimawandel 1x1
Der Klimawandel wird weithin als das zeitgenössische Thema schlechthin angesehen. Nachdem kritische Stimmen in der Öffentlichkeit immer lauter wurden und das Problem immer drängender, hat sich in der Politik scheinbar wirklich der Wind gedreht.
Die Klimawissenschaften sind keine exakte Wissenschaften, da die Forscher unzählige Annahmen treffen müssen über Dinge, die sie nicht entsprechend modellieren können. Nichtsdestotrotz ist man sich einig, dass der Klimawandel rasch voranschreitet, dass er vom Menschen verursacht wird und dass wir nicht genug dagegen tun. Dabei sollte der Schwerpunkt darauf liegen, irreversible Extremschäden zu verhindern.
Was für Investoren zählt, sind neben den direkten physischen Auswirkungen des Klimawandels die daraus resultierenden Veränderungen in der Politik und im Verbraucherverhalten sowie die Auswirkungen auf Unternehmen und deren Bewertungen (das „Übergangsrisiko“).
Die Erde erwärmt sich, daran besteht kein Zweifel. Der Weltklimarat IPCC (das wichtigste wissenschaftliche Gremium für Klimafragen, dem 195 Länder angehören) erwartet, dass, sofern wir nichts unternehmen, innerhalb von zwanzig Jahren ein Temperaturanstieg von 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau erreicht wird (Abbildung 1).
WAS IST MIT ÜBERGANGSRISIKO GEMEINT? „Während seit vielen Jahren die physischen Risiken des Klimawandels diskutiert werden, sind die Übergangsrisiken relativ neu in der Debatte... Übergangsrisiken können auf dem Weg zu einer weniger schädlichen, umweltfreundlicheren Wirtschaft auftreten. Diese Umstellungen können in einigen Sektoren erhebliche Wertveränderungen für ihre Aktiva oder höhere Kosten für ihre Geschäftstätigkeit bedeuten... Wenn Unternehmen mehr Informationen im Zusammenhang mit dem Klimawandel offenlegen werden, können Finanzfirmen ihre Entscheidungen fundierter treffen.“ – The Bank of England KnowledgeBank: „Climate change: what are the risks to financial stability?“ (Klimawandel: Was sind die Risiken für die Finanzstabilität?) |
Wissenschaftler führen den Temperaturanstieg auf den vom Menschen verursachten Treibhauseffekt zurück. Kohlendioxid trägt daran den größten Anteil. Wie Abbildung 2 zeigt, ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre heute deutlich höher als in den vergangenen hunderttausend Jahren, und das Tempo und der Umfang des Anstiegs legen nahe, dass dafür hauptsächlich der Mensch verantwortlich ist.
WARUM IST EIN ANSTIEG DER ERWÄRMUNG UM „NUR“ 1,5°C VON SO GROSSER BEDEUTUNG?
Die Erwärmung wird nicht überall auf der Welt gleich ausfallen. Das Klima wird instabiler und die Wettermuster werden zunehmend chaotisch, mit Hitzewellen an einigen Orten und Wirbelstürmen und Überschwemmungen an anderen.
Die Liste der sich aus dem Klimawandel unmittelbar ergebenden physischen Risiken ist lang: Schäden an Bauwerken durch extreme Wettereignisse und den Anstieg des Meeresspiegels, Wassermangel, Ernteausfälle und geringere Ernteerträge, geringere Ausbeuten im Fischfang, höhere Sterblichkeit und geringere Arbeitsproduktivität in heißeren Ländern, um nur einige Auswirkungen zu nennen.
Doch noch weitaus größer ist die Sorge, dass sich an einem bestimmten Punkt des Erwärmungsprozesses verschiedene Rückkopplungsmechanismen in Gang setzen und die Erwärmung sich eigenständig fortsetzt und nicht mehr aufzuhalten ist. Darunter fallen unter anderem der Albedo-Effekt (beim Abschmelzen des Polareises wird weniger Licht in den Weltraum reflektiert), die Freisetzung von Methan durch schmelzenden Permafrost und das Absterben des Amazonas-Regenwaldes. Die Folgen lassen sich unmöglich genau modellieren, weshalb es eine Vielzahl von Klimaszenarien gibt.
Der Schaden wäre irreversibel, und unser Handeln in den nächsten Jahrzehnten bestimmt die Zukunft unseres Planeten über Jahrhunderte.
GLOBALE ERWÄRMUNG ODER KLIMAWANDEL? „Wir nennen es häufig die globale Erwärmung, aber es bewirkt eine Reihe von Veränderungen des Klimas auf der Erde oder langfristiger Witterungsbedingungen, die von Ort zu Ort variieren. Während viele Menschen globale Erwärmung und Klimawandel für Synonyme halten, verwenden Wissenschaftler den Begriff „Klimawandel“, wenn sie die komplexen Veränderungen beschreiben, die gegenwärtig das Wetter und die Klimasysteme unseres Planeten beeinflussen – zum Teil deshalb, weil einige Gebiete kurzfristig in der Tat kälter werden.“ – National Geographic?’ |
„NETTO NULL BIS 2050“ IST HEUTE EIN GLOBALES GEBOT
Es herrscht heute ein Konsens darüber, dass wir bis 2050 einen CO2-Ausstoß „netto null“ erreichen müssen.
Abbildung 3 zeigt, wie drastisch die CO2-Emissionen ab sofort abnehmen müssen, um das Netto-Null-Ziel bis 2055 bzw. bis 2040 zu erreichen.
Was viele Menschen nicht wissen, ist, dass bei den oft zitierten IPCC-Zielen zur Emissionsreduzierung in den meisten Fällen nur von einer Wahrscheinlichkeit von 50% bis 66% ausgegangen wird, die globale Erwärmung auf die vereinbarten Temperaturziele zu begrenzen.
Will die Welt einen möglicherweise katastrophalen Klimawandel mit hundertprozentiger Sicherheit vermeiden, so bleibt ihr noch weniger Zeit, klimaneutral zu werden. Zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf weniger als 1,5°C haben wir nach Ansicht von Experten vielleicht weniger als zehn Jahre, denn das verbleibende „Kohlenstoff-Budget“ (also die Emissionen, die wir künftig produzieren dürfen, bevor wir die Grenze der CO2-Konzentration in der Atmosphäre erreichen) ist in diesem Szenario viel kleiner (siehe Abbildung 4).
2. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Klimawandel?
Die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels sind noch schwieriger vorherzusagen als seine physischen Auswirkungen, da es keinen historischen Präzedenzfall gibt. Die genaue Beziehung zwischen Wirtschaft und Erdtemperatur wird bislang kaum verstanden, und unter Ökonomen besteht derzeit kein Konsens. Wir wissen jedoch, dass die Auswirkungen steigender Temperaturen auf die Ökosysteme und den Menschen nicht linear verlaufen und verschiedene Kipppunkte (siehe Abbildung 5) nicht ignoriert werden können.
In einer Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen wurde versucht, die Gesamtauswirkungen eines ungebremsten Klimawandels auf das globale Bruttoinlandsprodukt zu bewerten. Viele dieser Studien gelangen zu dem Schluss, dass die globalen kumulativen Auswirkungen auf die weltweite Wirtschaftsleistung im Jahr 2100 gegenüber einem Szenario ohne Klimawandel weniger als 7% betragen dürfte, was recht bescheiden anmutet. Diese Gruppe von Untersuchungen wurde aus mehreren Gründen kritisiert. Einige eher pessimistische Studien sehen weitaus größere Auswirkungen, nämlich einen Rückgang des globalen BIP um bis zu 50% bis zum Jahr 2100 in einem Szenario mit „üblichen“ Emissionen verglichen mit einem Szenario ohne Auswirkungen des Klimawandels.
ZUNEHMENDE UNGLEICHHEIT
Ein Problem bei der Betrachtung des globalen BIP besteht darin, dass ein Großteil davon derzeit auf die reicheren, in der Regel kühleren Länder entfällt. Einige dieser Länder, wie z.B. Kanada, könnten mittelfristig sogar von der globalen Erwärmung profitieren.
Die negativen Folgen dürften jedoch vor allem in den ärmeren, heißeren Ländern zu spüren sein, die weniger zum globalen BIP beitragen. Wer also nur die nominalen Auswirkungen auf das globale BIP betrachtet, die hauptsächlich ärmere Länder betreffen, unterschätzt die Auswirkungen auf die Weltbevölkerung und damit die langfristigen sozialen Auswirkungen weltweit.
Abbildung 6: eine Untersuchung der Universitäten Stanford und Berkeley aus dem Jahr 2015 veranschaulicht die unverhältnismäßig starken Auswirkungen des Klimawandels auf die ärmsten Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Den Schätzungen zufolge könnte der Klimawandel das Wachstum dieser Länder strukturell jedes Jahr um mehr als 1 Prozentpunkt verringern. Eine derart zunehmende Ungleichheit und Divergenz, die sich über Jahrzehnte hinweg verstärkt, würde bedeuten, dass diese Länder nie aus der Armutsfalle herauskommen.
Den Schätzungen zufolge könnte der Klimawandel das Wachstum dieser Länder strukturell jedes Jahr um mehr als 1 Prozentpunkt verringern. Eine derart zunehmende Ungleichheit und Divergenz, die sich über Jahrzehnte hinweg verstärkt, würde bedeuten, dass diese Länder nie aus der Armutsfalle herauskommen.
Ein lokaler klimatischer Notstand in ärmeren Ländern kann eine eigenständige negative Rückkopplungsschleife erzeugen – z.B. eine zunehmende politische Instabilität und Konflikte mit der Folge, dass Millionen Menschen ihr Land als Klimaflüchtlinge verlassen. Dies kann wiederum auf andere Länder übergreifen und die globale Stimmung und Politik, den Handel, die Investitionen und damit das weltweite Wirtschaftswachstum beeinträchtigen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Ausmaß der wirtschaftlichen Auswirkungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden kann. Nach Ansicht vieler Experten liegt jedoch ein geringeres Wachstum vor uns und die Zukunft ist weniger absehbar. Da das Wirtschaftswachstum und die Vorhersehbarkeit wichtige Faktoren für die Bewertungen an den Aktienmärkten sind, können es sich Investoren nicht leisten, das Risiko des Klimawandels einfach zu ignorieren.
3. Ein Blick auf die Emissionen
Strom- und Wärmeerzeugung ist mit einem Anteil von 42% der Sektor mit den höchsten Emissionen. An zweiter Stelle steht Transport mit einem Anteil von rund 24%, gefolgt von der Industrie mit 19%. Das lässt vermuten, dass Versorger und Transportunternehmen wohl am stärksten durch politische Maßnahmen und technologische Umwälzungen betroffen sein werden, da sie die beiden Sektoren mit dem größten CO2-Ausstoß weltweit sind. Diese Auswirkungen werden wir in einem folgenden Artikel näher erörtern.
Nach Regionen betrachtet ist China heute der größte Emittent, seit 2000 haben dort die Emissionen erheblich zugenommen. Welchen klimapolitischen Weg das Reich der Mitte China einschlagen wird, ist daher wichtiger, als viele unter Umständen denken. Die USA und die EU stehen heute an zweiter bzw. dritter Stelle, wobei ihre Emissionen in den vergangenen zehn Jahren meist rückläufig waren (Abbildung 8).
WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN SCOPE 1, 2 UND 3?
Bei der Bilanzierung von Treibhausgasen werden die Emissionen in drei Kategorien unterteilt:
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Am besten stellt man sich die drei Kategorien als konzentrische Kreise vor, wobei Scope 1 den inneren Bereich bildet und Scope 2 und 3 nach außen hin folgen.
Emissionen aus Scope 1 und Scope 2 lassen sich recht einfach erfassen und werden von den meisten Unternehmen regelmäßig ausgewiesen. Rund 80% der Emissionen aus Scope 1 und Scope 2 im MSCI World Index entfallen auf lediglich drei Sektoren: Versorger, Energie und Grundstoffe.
Emissionen aus Scope 3 sind schwieriger zu quantifizieren. Sie können viel höher sein als die Emissionen der ersten beiden Kategorien, wobei die Unternehmen in der Vergangenheit kaum eine direkte Kontrolle über sie hatten. Es liegen nur wenige umfangreiche Daten für einzelne Unternehmen vor, und darüber hinaus können Doppelzählungen ein Problem darstellen, wenn man Unternehmen vergleicht. So würden beispielsweise die CO2-Emissionen aus der Fertigung von Aluminium, das für eine Coca-Cola-Dose verwendet wird, in die Emissionsberechnung für die Aluminiumhütte (direkt), den Dosenhersteller, den Coca-Cola-Abfüller und den Einzelhändler (alle indirekt) einfließen. Wem sind diese Emissionen zuzurechnen?
Im Beispiel in Abbildung 9 entfallen mehr als 96% der Emissionen von Unilever, basierend auf Schätzungen des Unternehmens, auf Scope 3. 63% der Gesamtemissionen werden durch Verbraucher verursacht – z.B. durch das Einschalten des Wasserkochers oder die Verwendung von Warmwasser. Diese Emissionen hängen vom Energiemix des Versorgers des jeweiligen Verbrauchers ab, nicht von Unilever. Das Unternehmen hat nur begrenzte Kontrolle darüber, für welche Energieversorgung sich seine Verbraucher und Lieferanten entscheiden.
WARUM SOLLTEN UNTERNEHMEN DIE EMISSIONEN ENTLANG DER GESAMTEN WERTSCHÖPFUNGSKETTE MESSEN?
Wie bereits erwähnt, ist die Messung der Scope-3-Emissionen sehr schwierig. Wenn Unternehmen jedoch die Emissionen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette besser verstehen und erkennen können, wo die Risiken liegen, dann können sie sich sinnvolle Reduktionsziele setzen, mit Zulieferern und anderen Partnern zusammenarbeiten, ihre Kommunikation mit den Stakeholdern und damit letztlich auch ihren Ruf verbessern. Und natürlich können sie auf diese Weise ihren Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Auf die Maßnahmen einzelner Unternehmen werden wir in einem später erscheinenden Artikel eingehen.
4. Verwaltung von Kohlenstoff in einem Portfolio: Optionen für Investoren
Aktieninvestoren mit Bewusstsein für den Klimawandel ziehen generell zwei Wege in Betracht:
I. INVESTITIONEN IN UNTERNEHMEN, DIE SICH AUF DIE REDUZIERUNG VON CO2-EMISSIONEN KONZENTRIEREN ODER DIE DEN ÜBERGANG ZUR KLIMANEUTRALITÄT ERMÖGLICHEN
Investoren können sich entscheiden, in Unternehmen zu investieren, deren Hauptaktivitäten unmittelbar zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes beitragen – etwa in Unternehmen aus dem Sektor erneuerbare Energien. Dieser „wirkungsorientierte“ Ansatz lässt sich nur schwer in der Breite anwenden. Die Factset-Untergruppe „Alternative Energiegewinnung“ repräsentiert lediglich 0,24% der Marktkapitalisierung des MSCI World Index (Stand: 31. August 2020). Auch ist dieses Marktsegment von eher geringer Qualität, was die langfristige Performance beeinträchtigen könnte. Laut Bloomberg verzeichneten die Unternehmen aus dem S&P Global Clean Energy Index im Jahr 2019 im Schnitt eine Kapitalrendite von lediglich 3,1% und eine negative Cashflow-Rendite von -4,6%.
Da es nur wenige Unternehmen gibt, die ausschließlich im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind, besteht ein ähnlicher Ansatz darin, in Unternehmen zu investieren, die in kleinen, aber wachsenden Bereichen tätig sind. Diese Unternehmen spielen bei der Energiewende eine Rolle, bspw. in etablierte Industrieunternehmen, die Smart-Grid-Ausrüstungen oder Anlagen für erneuerbare Energien anbieten. Dieser Ansatz deckt zwar ein breiteres Spektrum ab, zielt aber trotzdem nur auf eine Nische. Gemäß FTSE Russell konnten 2017 nur 6% des globalen Aktienmarktes (gemessen an der Kapitalisierung) als „grün“ bezeichnet werden, wobei Tätigkeiten, die den Übergang zur Klimaneutralität unterstützen, hierin eingeschlossen sind. Und nach Schätzungen von MSCI haben nur 15% der Unternehmen aus dem MSCI All Countries World Index mehr als 5% ihrer Einnahmen im Einklang mit dem Entwurf der EU zu einer Taxonomie (Klassifikationssystem) für nachhaltiges Investieren erzielt.
Angesichts ihres eher nischenartigen und opportunistischen Charakters handelt es sich bei solchen Investitionen häufig um eine „Satellite“-Allokation im Rahmen eines Core-Satellite-Ansatzes, und einige Investoren sehen sie als Teil ihrer „An- und Verkauf“-Strategie.
„Am aussagekräftigsten lassen sich die Auswirkungen unseres Unternehmens in Sachen Treibhausgasemissionen messen, indem man den gesamten Lebenszyklus unserer Produkte betrachtet. Die genaue Messung unserer Treibhausgasbilanz und eine transparente Berichterstattung darüber helfen uns, unsere Strategie anzupassen, ehrgeizige Ziele zu setzen und unsere Fortschritte zu bewerten... Der Klimawandel ist ein bedeutender Risikofaktor sowohl für unser Unternehmen als auch für die Gesellschaft als Ganzes... Die Bekämpfung des Klimawandels beginnt mit der Verringerung unserer eigenen Umweltbelastung.“ – Unilever |
II. DAS STREBEN NACH EINER MÖGLICHST GERINGEN KOHLENSTOFFINTENSITÄT IN DEN EIGENEN PORTFOLIOS
Im Gegensatz dazu ist ein Ansatz zur Kohlenstoffreduzierung sofort umsetzbar. Insbesondere bei passiven Anlagen gibt es immer mehr Optionen, die von Ausschlüssen/Veräußerungen bis hin zu Neugewichtungen/Optimierungen und traditioneller Titelauswahl reichen.
Einige Investoren haben sich dafür entschieden, sich von Unternehmen zu trennen, die Reserven an fossilen Brennstoffen besitzen, um das Risiko verlorener Investitionen („Stranded Assets“) zu kontrollieren und ihre Bedenken bezüglich des Klimawandels öffentlich zum Ausdruck zu bringen. Andere wiederum sehen in diesem Ansatz Schwächen. Da er sich nicht mit den aktuellen CO2-Emissionen in anderen kohlenstofflastigen Sektoren befasst, die keine Reserven an fossilen Brennstoffen besitzen (zum Beispiel Versorgungsunternehmen), führt er nicht zu einer möglichst optimalen Klimabilanz.
Vor diesem Hintergrund kam es in letzter Zeit zu einer starken Zunahme klimafreundlicher Indizes und ETFs. Die Gewichtungen in einem Index werden auf der Grundlage der Kohlenstoffintensität der einzelnen Unternehmen angepasst, um den Investoren ein breites Marktengagement (und damit einen minimalen Tracking Error gegenüber einer Standard-Benchmark) zu bieten, jedoch mit einer optimierten, verbesserten Klimabilanz. Dieser Ansatz berücksichtigt sowohl die aktuellen Emissionen als auch die Reserven an fossilen Brennstoffen.
MICROSOFT UND SCOPE-3-BERICHTERSTATTUNG Im Januar 2020 gab Microsoft bekannt, bis 2030 „CO2-negativ“ werden zu wollen. Das Unternehmen änderte darüber hinaus seine Emissionsziele und sein internes Preisgestaltungssystem, um alle Scope-3-Emissionen einzubeziehen. Es räumte ein, dass es hinsichtlich des Managements von Scope-3-Emissionen noch viel zu tun gibt. Das Unternehmen arbeitet eng mit Lieferanten zusammen, wobei jene Partner, die vergleichsweise hohe Emissionen aufweisen, möglicherweise den Kürzeren ziehen. |
Index-Strategien werden von vielen Investoren gewählt, doch dieser Ansatz kann das angestrebte Ergebnis in puncto CO2-Belastung verwässern. Zum Beispiel betrug in einer Stichprobe von zwanzig globalen, US-, EAFE- und europäischen ETFs mit niedrigem CO2-Ausstoß (gemäß Klassifizierung von Morningstar) die gewichtete durchschnittliche Reduzierung der CO2-Intensität (Scope 1 + Scope 2) gegenüber der entsprechenden Benchmark 49% (bei einer Bandbreite von 2 bis 77%). Wir halten es für möglich, hier noch Verbesserungen zu erzielen.
5. Reduzierung der CO2-Belastung durch ein mit hoher Überzeugung zusammengestelltes hochwertiges Portfolio
Als aktive Investoren sind wir natürlich der Meinung, dass die Investition in einen Index nicht der beste Weg ist, um sein Kapital zu vermehren. Für diejenigen, die eine aktive Strategie verfolgen, liegt es vielleicht nicht so sehr auf der Hand, dass man nicht ausdrücklich in eine umweltorientierte Strategie investieren muss, um eine gute Klimabilanz zu erreichen.
Unseres Erachtens sind Investitionen in ein konzentriertes Portfolio von vorhersehbar renditestarken Anlagen, deren Wert eher auf immateriellen als auf materiellen Faktoren beruht, ein probater Weg, um die eigene Kohlenstoffbelastung deutlich zu verringern, ohne die langfristige Performance zu beeinträchtigen.
Durch die Qualitätsausrichtung unserer globalen Strategien verbessern wir quasi automatisch auch die Klimabilanz, die gemessen an Scope 1 + Scope 2 um 90% bis 95% und gemessen an Scope 1 + Scope 2 + Scope 3 um circa 80% besser ausfällt als im MSCI World.
In der Tat besteht eine starke inverse Korrelation zwischen den Renditen des eingesetzten Betriebskapitals (ROOCE – die Kennzahl, auf die wir uns bei der Bewertung der Qualität eines Unternehmens konzentrieren) und der CO2-Intensität. Erstklassige Unternehmen mit hoher Kapitalrendite sind nicht nur beständige Kapitalvermehrer, sondern weisen auch eine strukturell bessere Klimabilanz auf. Umweltverschmutzung ist ein kapitalintensives Geschäft.
WARUM IST DAS DER FALL?
Im Zusammenhang mit dem Thema Kohlenstoff lassen sich die meisten der von uns gehaltenen erstklassigen Unternehmen in zwei Gruppen klassifizieren.
Für diese Unternehmen können die in der Lieferkette vorgelagerten indirekten Scope-3-Emissionen (zum Beispiel im Zusammenhang mit Rohstoffen und Verpackungen) beträchtlich ausfallen, weshalb wir uns darauf konzentrieren, wie die Unternehmen mit diesen Emissionen umgehen. Der Verbrauch ihrer Produkte verursacht jedoch in der Regel entweder gar keine (Einnahme einer Pille, Genuss eines Getränks, Auftragen einer Hautcreme) oder relativ geringe (Duschen oder Kochen) nachgelagerten Emissionen (Scope 3), wenn man einen Vergleich mit energieintensiven Aktivitäten wie Fahren eines benzinbetriebenen Autos oder Flugreisen zieht. In dem Maße, wie die Stromerzeugung durch das Wachstum der erneuerbaren Energien kohlenstoffärmer wird und die Haushalte auf grüne Energie umsteigen, werden diese Emissionen wahrscheinlich abnehmen.
REDUZIERTE SENSITIVITÄT GEGENÜBER KOHLENSTOFFPREISEN
Diese bessere Klimabilanz im Vertrieb ist einer der Hauptgründe dafür, warum das CO2-Risiko der Kapitalvermehrer deutlich unter dem Durchschnitt liegt. Sie verfügen zudem über höhere Gewinnspannen als die meisten „braunen“ Unternehmen, so dass ihre Erträge weniger empfindlich sind gegenüber den Kohlenstoffpreisen. Wie in Abbildung 12 dargestellt, ist die Ertragssensitivität gegenüber dem Kohlenstoffpreis von Arcelor Mittal 300 Mal höher als die von Alphabet und 22,6 Mal höher als die von L'Oréal.
Da die von uns gehaltenen Unternehmen darüber hinaus von einer geringen Preiselastizität, einer erheblichen Preisgestaltungsmacht und der wiederkehrenden Natur ihrer Einnahmen profitieren, dürften die Kohlenstoffpreise für Emissionen über den gesamten Lebenszyklus nur minimale Auswirkungen auf die Nachfrage nach ihren Produkten haben.
GERINGERES RISIKO STRUKTURELLER UMWÄLZENDER TRENDS
Nicht zuletzt dürften sie im Gegensatz zu den Industrien, die in puncto Nachhaltigkeit ins Fadenkreuz geraten sind (zum Beispiel Automobile, Metalle, fossile Brennstoffe), nicht unter dem durch das verstärkte Umweltbewusstsein verursachten technologischen und politischen Umbruch leiden. Der Druck ist geringer, ihre Produkte und Dienstleistungen durch kohlenstoffärmere Alternativen zu ersetzen. Im obigen Beispiel wird sich eine Verlagerung auf Elektrofahrzeuge direkt auf die Öl- und Autofirmen auswirken, während die Reduzierung des CO2-Ausstoßes in den Haushalten sich wahrscheinlich nicht unmittelbar negativ auf die Produkte von Unilever auswirken wird. Vielmehr wird ihre Verwendung dadurch umweltfreundlicher.
Zwar werden die stromfressenden Rechenzentren der Cloud-Anbieter gerne gescholten, doch trotz des bemerkenswerten Wachstums der Cloud ist die CO2-Intensität (Scope 1 + Scope 2) der großen Softwareunternehmen nach wie vor sehr gering. Auch bei der Versorgung ihrer Rechenzentren mit Strom aus erneuerbaren Energien haben sie große Fortschritte gemacht. Alphabet ist heute einer der größten Direktabnehmer von erneuerbaren Energien. Auch wenn der eigene Energieverbrauch dieser Unternehmen gestiegen ist, so haben sie doch die Energieintensität des Computings für alle reduziert, denn die Cloud bietet erhebliche Energieeinsparungen im Vergleich zur Datenverarbeitung vor Ort. Covid-19 hat diesen Trend weiter beschleunigt. |
Fazit
Die politischen Entscheidungsträger beschäftigen sich zunehmend mit Reformen zur Bekämpfung des Klimawandels. Investoren, die heute das Klimarisiko ignorieren, gehen ein Risiko ein und sollten stattdessen die Chancen nutzen, die sich aus dem Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ergeben. Auch spielen Stakeholder eine größere Rolle, was die ESG-Ansätze der Vermögensverwalter anbelangt: Wie die Morgan Stanley Sustainable Signals Survey 2020 herausfand, ist die Nachfrage der Investoren heute der wichtigste Antrieb für Anbieter, nachhaltige Anlageprodukte einzuführen, gefolgt von der potenziellen Rendite.
Investoren haben eine Fülle von Möglichkeiten, dem Klimawandel zu begegnen. Nach unserer Überzeugung sind erstklassige Unternehmen mit nachhaltig hohen Kapitalrenditen eine gute Wahl, das Vermögen der Investoren langfristig zu mehren und eine bessere Klimabilanz zu erreichen. Und indem wir so handeln, gehen wir auf die wachsenden Sorgen in der Öffentlichkeit und auf eine der drängendsten Fragen für die Zukunft unseres Planeten ein.
Weitere Artikel aus unserer Reihe zum Thema CO2:
Die Folgen der Dekarbonisierung: Politik, Instrumente und Auswirkungen auf die Industrie
Beiträge zur Klimaneutralität: Unternehmensrichtlinien, Ziele und Fallstudien zum Engagement
Risikohinweise
Es besteht keine Garantie, dass ein Portfolio sein Anlageziel erreichen wird. Portfolios sind Marktrisiken ausgesetzt, d.h. es besteht die Möglichkeit, dass der Marktwert der Wertpapiere im Portfolio zurückgeht. Marktwerte können sich aufgrund wirtschaftlicher und anderer Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen, Gesundheitskrisen, Terrorismus, Konflikte und soziale Unruhen), die Märkte, Länder, Unternehmen oder Regierungen betreffen, täglich ändern. Der Zeitpunkt, die Dauer und mögliche negative Auswirkungen (z. B. Portfolio-Liquidität) von Ereignissen lassen sich nur schwer vorhersehen. Anleger können deshalb durch die Anlage in diese Strategie Verluste verzeichnen. Anleger sollten beachten, dass diese Strategie bestimmten zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein kann. Veränderungen der globalen Konjunktur, der Verbraucherausgaben, des Wettbewerbs, der demografischen Entwicklung, der Verbrauchernachfrage, der gesetzlichen Regelungen und der Wirtschaftsbedingungen können sich negativ auf global operierende Unternehmen auswirken und das Portfolio stärker belasten als bei einer Investition des Portfolios in eine größere Vielfalt von Unternehmen. Aktienkurse reagieren im Allgemeinen auch auf unternehmensspezifische Aktivitäten. Anlagen in ausländischen Märkten sind mit besonderen Risiken verbunden. Dazu zählen politische und wirtschaftliche Risiken sowie Währungs- und Marktrisiken. Die Aktien kleiner Unternehmen weisen besondere Risiken wie begrenzte Produktlinien, Märkte und Finanzressourcen auf. Darüber hinaus sind sie einer stärkeren Marktvolatilität ausgesetzt als die Wertpapiere größerer, etablierter Unternehmen. Die Risiken einer Anlage in Schwellenländern übersteigen jene Risiken, die mit Investitionen in ausländischen Industrieländern einhergehen. Nicht diversifizierte Portfolios investieren oftmals in eine beschränkte Anzahl von Emittenten. Aus diesem Grund können Veränderungen der finanziellen Situation und des Marktwerts einzelner Emittenten zu einer höheren Volatilität führen.
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International Equity Team
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Executive Director
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