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Klimawandel
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Oktober 05, 2021
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Oktober 05, 2021
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Klimawandel |
Angesichts der immer disruptiveren Klimaereignisse werden die Dekarbonisierung von Ländern und Unternehmen weltweit, sowie das Ziel von Netto-Null-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts, zu den entscheidenden Themen für Anlagemärkte in den kommenden Jahrzehnten gehören. Die politischen Maßnahmen, die zur Erreichung des Netto-Null-Ziels ergriffen werden, stellen Risiken für Unternehmen in kohlenstoffintensiven Sektoren dar, die mit den Entwicklungen nicht Schritt halten. Für Innovatoren und Wegbereiter können sich dadurch hingegen neue Chancen ergeben.
Das Global Balanced Risk Control Team weiß, dass es einerseits neue Chancen auszunutzen und andererseits wachsende Risiken zu minimieren gilt. Deshalb haben wir einen Ansatz entwickelt, um von den bevorstehenden Änderungen zu profitieren. Unser wissenschaftsbasierter Ansatz dekarbonisiert den Kern unserer Portfoliopositionen im Einklang mit dem 1,5°C-Szenario, das vom Klimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) empfohlen wird. Zudem verfolgt unser Ansatz das Ziel, bis 2050 Netto-Null-Emissionen für unser Aktiensegment zu erreichen. Des Weiteren bewerten wir Unternehmen im Hinblick auf ESG-Faktoren sowie deren Wandel hinzu einem kohlenstoffarmen Geschäftsbetrieb. Gleichzeitig halten wir weiterhin an unserem bewährten „Core“-Ansatz zur Assetallokation fest.
Im Folgenden wird analysiert, wie Länder und einige der wichtigen Sektoren auf den Übergang reagieren. Zudem diskutieren wir potenzielle Lösungen für Anleger.
Die aktuelle Lage
Der Klimarat hat vor Kurzem seinen neuesten Bericht zu den physischen Auswirkungen des Klimawandels veröffentlich.1 Regierungen aktualisieren derzeit ihre national festgelegten Beiträge zum Klimakampf (Nationally Determined Contributions, NDCs), um die im Pariser Abkommen festgelegten Ziele zu erreichen. Damit soll die Erderwärmung bis 2050 auf weit unter 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau und idealerweise auf 1,5°C begrenzt werden. Die Kernaussage des IPCC-Berichts ist eindeutig: Menschliche Aktivitäten, insbesondere die Verbrennung fossiler Brennstoffe, führen zur Erderwärmung und haben immer extremere Wetterereignisse zur Folge. Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen von Treibhausgasemissionen werden aller Voraussicht nach verheerend sein. Bereits 2006 ging die „Stern Review on the Economics of Climate Change“2 davon aus, dass die laufenden Kosten unterlassener Klimamaßnahmen 5-20% des globalen BIP pro Jahr entsprechen werden.3 Der Klimarat verlangt sofortiges Handeln: Werden die Emissionen in den kommenden Jahrzehnten nicht dauerhaft reduziert, wird der Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts wahrscheinlich 2°C übersteigen. Tatsächlich gehen nahezu alle Emissionsszenarien von einer Erderwärmung von 1,5°C bis Anfang der 2030er Jahre aus. Die Maßnahmen, die zur Reduktion der Emissionen ergriffen werden müssen, werden grundlegende Auswirkungen auf die emissionsstärksten Sektoren haben. Zwar wissen wir nicht, wie die Zukunft aussieht, wir können jedoch analysieren, wie emissionsintensive Sektoren mit den Risiken und der Ungewissheit umgehen.
Reaktionen auf Länderebene – Größerer Ehrgeiz, aber immer noch nicht genug
NDCs und die Ziele bis 2050 sind der Schlüssel, um das Versprechen des Pariser Abkommens zu erfüllen. Die Tatsache, dass immer mehr Länder Netto-Null-Ziele bis Mitte des Jahrhunderts festlegen, ist ein Lichtblick in der Klimapolitik. Auf dem Klimagipfel (COP26) im November 2021 werden die Regierungen wohl zum ersten Mal seit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens im Jahr 2015 ihre NDCs aktualisieren. Bislang haben 107 Länder neue NDC-Ziele festgelegt (Stand: August 2021). Viele von ihnen bleiben jedoch hinter dem Pariser Abkommen zurück. Außerdem haben mehrere Länder bislang noch gar keine Ziele bekanntgegeben.
Quelle: * geplante oder angekündigte Ziele Energy and Climate Intelligence Unit** UNFCCC
Im Folgenden fassen wir die Klimamaßnahmen einiger wichtiger Länder zusammen:
CHINA: BESTREBEN NACH FÜHRUNGSPOSITION IM GLOBALEN KLIMAKAMPF GGÜ. WACHSTUMSBESTREBEN
Das beachtliche Wirtschaftswachstum Chinas bedeutet, dass das Land inzwischen mehr als 25% der globalen Emissionen ausstößt. Deshalb sind die Maßnahmen zur Emissionsreduktion, die das Land in den kommenden zehn Jahren ergreift, für die Begrenzung der Erderwärmung entscheidend. China kündigte vor Kurzem an, dass es das Netto-Null-Ziel vor 20604 erreichen will und den Energieanteil, der nicht durch fossile Brennstoffe erzeugt wird, bis 2030 auf 25% zu erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen, will China seine Wind- und Solarkapazität bis 2030 auf 1200 GW erhöhen. Zwar sinkt der Kohleanteil am chinesischen Energiemix, jedoch stehen jüngste Entwicklungen nicht mit den Klimazielen des Landes in Einklang. Der 10%-ige Anstieg des Kohleverbrauchs gegenüber dem Vorjahr und die Planung neuer Kohlekraftwerke in der ersten Jahreshälfte 2021 zeigen, dass ein Konflikt zwischen der wirtschaftlichen Stabilität und den Klimazielen Chinas besteht. Die Unsicherheit über den Pfad, den China einschlägt, wird bestehen bleiben, solange das Land nicht seine NDCs bekannt gibt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des chinesischen Plans ist die Einführung des weltweit größten nationalen Emissionshandelssystems im Juli 2021 (gemessen an gehandelten Emissionen). Zwar ist der Preis in Bezug auf bewährte Systeme wie das der EU niedrig (Eröffnungskurs im Juli von ca. 7 USD in China ggü. 60 USD in der EU). Dennoch sollte das System den Ausstieg aus bestehenden regionalen Systemen für Unternehmen in ganz China erleichtern. Auch wenn wir nicht glauben, dass der aktuelle Preis hoch genug ist, um den Kohleverbrauch zu reduzieren, könnte sich dies jedoch ändern, wenn Druck auf China zur Erhöhung der Preise ausgeübt wird. Das chinesische System wird anfänglich 40% der nationalen Emissionen5 abdecken, was 15% der globalen Emissionen entspricht. Dieser Anteil dürfte im Lauf der Zeit jedoch steigen.
USA KLIMAKEHRTWENDE
Präsident Biden hat den Klimakampf in seiner politischen Agenda verankert. Am 20. Januar 2021 hat er die Bedeutung des Klimakampfs unterstrichen, indem er dem Pariser Abkommen wieder beigetreten ist und kurz darauf versprochen hat, die US-Nettoemissionen bis 2050 um mindestens 50% zu senken (d.h. um 50-52% ggü. dem Niveau von 2005). Zudem hat er im April einen Online-Klimagipfel ausgerichtet. Biden plant eindeutig, eine Führungsrolle einzunehmen und das Netto-Null-Ziel bis 2050 im Einklang mit dem von den USA eingereichten NDCs zu erreichen.
Bis zu einem gewissen Grad trieben US-Unternehmen selbst unter Trump Veränderungen voran: Die Emissionen sind in den vergangenen zehn Jahren um 0,4% pro Jahr gesunken, bedingt vor allem durch den Umstieg von Kohle auf erneuerbare Energien.6 Die Biden-Regierung verspricht, den Übergang durch die Investition von Milliarden von US-Dollar in saubere Energieinfrastruktur und Energieeffizienz zu beschleunigen. Diese Ausgaben sowie großzügige Steuerhilfen für erneuerbare Energien und ein ehrgeiziger sauberer Energiestandard sollten zu der von Biden angekündigten sauberen Energierevolution beitragen.7 Ein größerer Gesetzesvorschlag jedoch, der viele der Klimainitiativen der Demokraten umfasst, muss mehrere bislang skeptische demokratische Senatoren überzeugen, darunter Joe Manchin aus West Virginia, Vorsitzender des „Senate Energy and Natural Resources Committee“. West Virginia war 2019 der zweitgrößte Kohleproduzent der USA und Kohle stellte 91% des Energiemix des US-Bundesstaats dar.8
DIE EU WIRD EHRGEIZIGER: „FIT FOR 55“
Europa sieht sich seit Langem als führend im Klimakampf und macht weiter große Fortschritte. Die Treibhausgasemissionen der Europäischen Union fielen von 1990 bis 2019 um 24%, während die Wirtschaft der Region um rund 60% wuchs.9 Im Dezember 2019 führte die EU den „Grünen Deal“ ein, um das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen. Im Juli 2021 schlug die Europäische Kommission die Initiative „Fit for 55“ vor, ein umfassender Gesetzesvorschlag, der ehrgeizigere und kurzfristigere Reduktionen der Treibhausgasemissionen von mindestens 55% bis 2030 vorsieht. Wir glauben, dass die Kohlenstoffpreise des EU-Emissionshandelssystems vom Einsatz billigerer Kohle abschrecken. 2019 ließ der Einsatz von Kohle in Europa deutlich nach, als der Preis dauerhaft angehoben wurde.10
INDIEN: AUFHOLBEDARF
Die Emissionen in Indien sind im letzten Jahrzehnt stetig gestiegen. Inzwischen ist das Land der viertgrößte Emittent nach China, den USA und Europa. Die Emissionsintensität pro Kopf liegt in Indien jedoch 60% niedriger als der globale Durchschnitt und ist um das Siebenfache niedriger als in den USA. Schwellenländer wie Indien haben relativ wenig zu den globalen Emissionen beigetragen und könnten sich verständlicherweise gegen strengere Emissionsziele wehren.11 Auf dem Klimatreffen der G20-Staaten im Juli 2021 signalisierte Indien, dass es seine bestehenden Ziele überarbeiten werde, sagte aber auch, dass die Industrienationen das Netto-Null-Ziel schon vor 2050 erreichen sollten, um Schwellenländern „Spielraum“ zum Wachstum zu geben.
Das Emissionswachstum Indiens und die schwerwiegenden physischen Auswirkungen des Klimawandels auf das Land,12 darunter beispielsweise sich ändernde Niederschlagsmuster, machen jedoch deutlich, wie wichtig die Reduktion von globalen Emissionen ist. Trotz des großen Wachstums und der sinkenden Preise für erneuerbare Energien (Solarenergie ist um 14% billiger als Kohle13) unterstützt die indische Regierung Kohlebergbau und -produktion. Die Akzeptanz des Privatsektors ist jedoch zögerlich, was darauf hindeutet, dass die Finanzierung neuer Kohlebergwerke weltweit problematisch ist.14
JAPAN LÄSST WORTEN TATEN FOLGEN UND INVESTIERT IN TECHNOLOGIEN
Japan kündigte vor kurzem Maßnahmen zur Unterstützung des Netto-Null-Ziels bis 2050 an und dass es Treibhausgasemissionen bis 2030 um 46% gegenüber dem Niveau von 2013 reduzieren will. Während Japan bereits eine energieeffiziente Wirtschaft vorweisen kann, sind für einige Prozesse der Schwerindustrie hohe Temperaturen erforderlich. Es könnte schwer werden, diese weiter zu dekarbonisieren. Deshalb plant Japan hohe Investitionen in Technologien zur Wasserstoff- und CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung (CCUS).
Außerdem ist geplant, den Beitrag von Erdgas zur Energieerzeugung nahezu zu halbieren: von 37% im Jahr 2019 auf 20% im Jahr 2030. Dies ist umso bemerkenswerter, da Japan der weltweit größte Importeur von Flüssigerdgas ist. 2020 beispielsweise entfielen auf das Land rund 21% der globalen Importe.15 Ähnliche Reduktionen beim Kohleeinsatz werden durch den sehr ehrgeizigen Einsatz von erneuerbaren Energien aufgefangen, die bis 2030 38% des Elektrizitätsmix des Landes stellen könnten. Dies könnte als Warnung für Produzenten dienen, die Erdgas mittelfristig als den natürlichen Ersatz für Kohle sehen.
UK: AUF HALBEM WEG ZU NETTO-NULL
Großbritannien war eine der ersten großen Volkswirtschaften, die ein Netto-Null-Ziel für 2050 festlegte, und das, obwohl das Land über große Öl- und Erdgasreserven verfügt (ca. 10-20 Mrd. Barrel Öläquivalent).16 Die Reduktion der britischen Öl- und Gasproduktion könnte dazu beitragen, dass das Land seine Klimaziele erreicht. Allerdings bestehen umstrittene Pläne zur Genehmigung eines neuen Nordseeprojekts.17 Nichtsdestotrotz hatte Großbritannien 2020 seine Netto-Null-Ziele zur Hälfte erreicht. Das Land hat seine Emissionen um mehr als 50% gegenüber dem Niveau von 1990 gesenkt. Dazu trägt vor allem auch der Umstieg auf erneuerbare Energien bei, was seit 2015 durch den Kohlenstoffpreis Großbritanniens gefördert wird (Carbon Price Support, CPS). Hierbei handelt es sich im Grunde um eine Steuer, die zur Kohlereduktion von über 90% im britischen Elektrizitätsmix geführt hat.18 Das zeigt, wie effektiv ein solider CO2-Preis beim Kohleausstieg sein kann.
CO2-BILANZ DER SEKTOREN: FORTSCHRITTE UND HERAUSFORDERUNGEN
Unter diesen etwas unsicheren politischen Bedingungen wird erwartet, dass die Unternehmen nachziehen. Ein wiederkehrendes Thema ist die Umstellung von fossilen Brennstoffen, insbesondere Kohle und Öl, auf erneuerbare Energiequellen, sowie langfristige Verbesserungen bei der Elektrifizierung und Energieeffizienz zu erzielen. Unseres Erachtens ist dies essentiell, um die nationalen Ziele zu erreichen. Fortschritte sowie nationale Initiativen gehen jedoch nur schleppend voran. Daher müssen die Emissionen unmittelbar gesenkt werden, um den Klimawandel aufzuhalten.
Versorger
Elektrizität und Wärmeerzeugung sind für 31,9% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich19 und diese Zahl dürfte weiter steigen. Zur Emissionsreduktion muss der Übergang zu umweltfreundlicher erneuerbarer Energie in unserem Elektrosystem beschleunigt werden. Deshalb sind Versorger einer der anfälligsten Sektoren für CO2-Preisrisiken. Ihre Übergangspläne sind somit wichtiger Bestandteil ihres Leistungsversprechens.
Die erhöhten Ambitionen der EU zum Netto-Null-Ziel sowie der umweltfreundliche Energiestandard der Biden-Administration werden voraussichtlich zu weiteren Regulierungen der globalen Kohlenstoffmärkte führen. Dies wird besondere Auswirkungen auf den Versorgersektor haben. Dem „State of Transition Report 2021“ der Transition Pathway Initiatives (TPI) zufolge haben globale Elektrizitätsversorger ihre Emissionen beträchtlich gesenkt. Dies geschah insbesondere durch Kohlereduktionen sowie durch einen größeren Einsatz von erneuerbaren Energien. Versorger in den USA sind auf gutem Weg, ihre Ziele für 2030 zu erreichen. TPI hat jedoch festgestellt, dass sie ihre Ziele für 2050 verfehlen werden, wenn sie ihre Anstrengungen nicht verstärken.20 Schwellenländer sind beim Kohleausstieg immer noch zögerlich. Kohle ist mit 58% bzw. 51% der wichtigste Kraftstoff im Elektrizitätsmix von China und Indien.21 Der Sektor benötigt langfristig große Investitionen. Unternehmen könnten jedoch von Erstanbietervorteilen profitieren.
Wir glauben, dass die aktuelle politische Dynamik für Versorger günstig ist, die sich der Energiewende schon frühzeitig gestellt haben. Aufgrund der Kostenvorteile von erneuerbaren Energien sollten Versorger weltweit das Auslaufen von fossilen Brennstoffen weiter fortsetzen, insbesondere von Kohle. Der Einsatz von Solar- und Windenergie sollte beschleunigt werden, um zeitnahe Reduktionsziele zu erreichen. Diese Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Energiemix der Versorger spielen eine große Rolle dabei, wie wir ihre relativen Wettbewerbsvorteile bewerten. Die Scope-1-Emissionen von Versorgern sind in der Regel relativ hoch. Wir glauben, dass Unternehmen, die ihre Portfolios effizient dekarbonisieren, ihr Risiko in Bezug auf Kohlenstoffpreise reduzieren und ihre Ressourcen effizienter nutzen können. Wir rechnen damit, dass ein Versorger auf lange Sicht rentabler ist, wenn er seine Ressourcen effizienter nutzt, weshalb wir mit einer Outperformance von Unternehmen mit niedriger Scope-1-Kohlenstoffintensität rechnen.
Öl & Gas
NETTO-NULL-ZIELE IMMER NOCH DIE AUSNAHME
Öl- und Gasunternehmen müssen bei ihren Kapitalinvestitionen angesichts der voranschreitenden Energiewende deutlich disziplinierter werden und sich auf lange Sicht positionieren. Netto-Null-Ziele sind laut Climate Action 100+ in diesem Sektor weiterhin die Ausnahme. Noch weniger Unternehmen berücksichtigen Scope-3-Emissionen in ihren Plänen.22 Die Reduktion von Scope-3-Emissionen ist für den Öl- und Gassektor besonders wichtig, weil 85-90% der Lebenszyklusemissionen beim Verbrennen der fossilen Brennstoffe entstehen. Die IEA wies vor kurzem darauf hin, dass die Entwicklung neuer Öl- und Gasfelder noch in diesem Jahr enden muss, wenn wir das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichen wollen.23 Dies entspricht den diesjährigen Daten vom UCL Research, denen zufolge 60% der globalen Öl- und Gasreserven bis 2050 unerschlossen bleiben müssen, wobei ein Teil dieser Reserven in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts erschlossen werden könnte.24 Dadurch ergeben sich Risiken für Anleger. Da Öl- und Gasprojekte in der Regel eine Lebensspanne von 15 bis 30 Jahren haben, können Investitionsentscheidungen, die jetzt getroffen werden, im Lauf der Lebensspanne des Projekts zu Wertvernichtung und zu verlorenen Investitionen führen. Unseres Erachtens sollten Anleger die Investitionspläne ihrer Unternehmen sehr genau prüfen. Die langfristige Reduktion von Scope-3-Emissionen könnte darauf hindeuten, dass ein Unternehmen ein nachhaltiges und langfristiges Wertpotenzial bietet.
CO2-ABSCHEIDUNG, -NUTZUNG UND -SPEICHERUNG (CCUS) ALS LÖSUNG
Anstatt der Reduktion von Scope-3-Emissionen aus der Verbrennung ihrer Produkte investiert die Branche eher in spekulative Technologien, um ihre Ressourcen bestmöglich auszunutzen. Die Öl- und Gasbranche ist für über 35% der Gesamtausgaben für CCUS-Technologien verantwortlich.25 Wir glauben, dass dieser Anteil noch steigen wird. An der Spitze der Investitionen stehen die Ölriesen aus den USA. Zwar könnte die Kohlenstoffabscheidung eine wichtige Rolle beim Erreichen globaler Klimaziele spielen. Jedoch ist die Kluft zwischen dem, was benötigt wird, und dem, was derzeit möglich ist, weiterhin groß. Deshalb sind wir vorsichtig, was ein blindes Vertrauen in diese unreifen Technologien betrifft, weil dies Emissionsreduktionen noch weiter hinauszögern könnte. Solange nachweislich effektive Technologien noch nicht ausgereift sind, sollten Öl- und Gasunternehmen, die keine großen strategischen Änderungen vornehmen, unseres Erachtens ihren Schuldenberg abbauen und Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten.
Transport
DIE AUFSICHTSBEHÖRDEN MACHEN ERNST
Transport ist für 24% der direkten CO2-Emissionen durch fossile Brennstoffe verantwortlich, wozu Straßenfahrzeuge etwa 75% beitragen.26 Automobilhersteller sehen sich bereits zahlreichen nationalen und internationalen Auflagen zu Flottenemissionen und Kraftstoffeffizienz ausgesetzt, darunter auch Unternehmen in großen Volkswirtschaften wie Japan, China und der EU. Immer mehr Regierungen haben Fristen angekündigt, zu denen der Verkauf neuer Autos mit Verbrennungsmotoren verboten wird. Dazu gehören Japan, Spanien, Großbritannien und Kanada. Diese Maßnahmen sollten gemeinsam mit großen Fortschritten bei der Batterietechnologie27 die Nachfrage nach Elektro- und Hybridfahrzeugen ankurbeln.
DER ABSATZ VON ELEKTROFAHRZEUGEN MUSS STEIGEN
Der Absatz von Elektrofahrzeugen hat in den letzten zehn Jahren zugenommen. Die globalen Bestände an elektrischen Passagierfahrzeugen übertrafen 2018 die 5-Millionen-Marke, ein Anstieg von 63% gegenüber dem Vorjahr. Dies sind jedoch immer noch nur etwa 2,6% der globalen Autoabsätze und rund 1% der globalen Flotte im Jahr 2019.28
Quelle: IEA www.iea.org/reports/global-ev-outlook-2019
Um das Netto-Null-Ziel zu erreichen, wird geschätzt, dass Null-Emissions-Fahrzeuge bis 2030 etwa 60% der Neuwagenabsätze weltweit stellen müssen.29 Um die Kostenparität zu erreichen, werden aller Voraussicht nach eine langfristige staatliche Unterstützung und weitere Innovationen nötig sein. Weil dies eine große Chance darstellt, rechnen wir damit, dass Automobilhersteller den Umstieg auf Elektrofahrzeuge weiter vorantreiben werden. Diese Entwicklungen und die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit könnten das Absatzwachstum stützen und zur Dekarbonisierung beitragen. Wir gehen davon aus, dass Hersteller, die mit der Energiewende nicht Schritt halten, in den nächsten zehn Jahren mit hohen Geldstrafen und dem Verlust von Marktanteilen konfrontiert werden. Hingegen werden Innovatoren durch staatliche Unterstützung und Investitionen weiterhin gefördert.
Finanzsektor
Zwar könnte der Finanzsektor durch seinen direkten und indirekten Einfluss auf die Wirtschaft bei der Dekarbonisierung30 eine große Rolle spielen. Allerdings sind viele Bereiche des Sektors mit den Interessen und der Finanzierung von fossilen Brennstoffen verbunden.31 Die Investitionen, die für eine grüne Weltwirtschaft erforderlich sind, sind jedoch enorm. Da große Volkswirtschaften zunehmend Netto-Null-Ziele und Klimamaßnahmen durchsetzen,32 können wir mit weiteren Auflagen für die Finanzbranche rechnen. Wir glauben, dass dieser Ansatz von „Zuckerbrot und Peitsche“ dazu geführt hat, dass sich die Branche mit mehreren Netto-Null-Initiativen auseinandersetzt.
Der Klimawandel wirkt sich auf verschiedene Wege auf den Finanzsektor aus. Unternehmen, die über Darlehen oder Anlageportfolios mit kohlenstoffintensiven Sektoren verbunden sind, könnten auf wackligen Füßen stehen, wenn aufsichtsrechtliche Auflagen oder technologische Fortschritte die Zukunftsfähigkeit dieser Sektoren in Frage stellen. Andererseits könnten innovative grüne Unternehmen, die entstehende Chancen nutzen, mit größeren Einnahmen und Reputationsvorteilen belohnt werden. Die Ermittlung von Spitzenreitern oder Schlusslichtern durch die Analyse finanzierter und Portfolioemissionen halten wir für wichtig. Außerdem sollte geprüft werden, wie Finanzinstitute ihre Kunden und Portfoliounternehmen bei der Dekarbonisierung unterstützen.
Fazit
Das Zeitfenster für die Abwendung der Klimakatastrophe schließt sich. Wir glauben aber, dass die Welt ihre Klimamaßnahmen intensivieren wird. Der Markt wird Innovation belohnen und Tatenlosigkeit bestrafen. Technologische Fortschritte und neue regulatorische Auflagen werden ein ungebrochen kohlenstoffintensives Wachstum sicher unmöglich machen. Innovative kohlenstoffarme Lösungen werden für wirtschaftliches Wachstum und große Emissionsreduktionen ausschlaggebend sein. Deshalb glauben wir, dass Anleger weiterhin Portfolios so gestalten werden, dass sie einerseits die Risiken steuern und andererseits von den Chancen profitieren können, die mit der Klimawende einhergehen.
1 https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/
2
4 www.carbonbrief.org/qa-what-does-chinas-14th-five-year-plan-mean-for-climate-change
5 https://icapcarbonaction.com/en/news-archive/742-china-launches-operational-phase-of-national-ets
6
7 www.joebiden.com/climate-plan/
8 West Virginia Profile (eia.gov)
9 www.ec.europa.eu/clima/policies/strategies/progress_en
10 https://www.eea.europa.eu/highlights/climate-action-in-europe-eu
11
12 www.worldbank.org/en/news/feature/2013/06/19/india-climate-change-impacts
13 https://www.woodmac.com/press-releases/india-leads-with-lowest-renewable-cost-in-asia-pacific/
14 www.reuters.com/world/india/no-bids-over-70-indian-coal-mines-up-auction-2021-07-09/
15
16 https://www.ogauthority.co.uk/data-centre/data-downloads-and-publications/reserves-and-resources/
17 https://www.bbc.co.uk/news/science-environment-56503588
18 https://www.ucl.ac.uk/news/2020/jan/british-carbon-tax-leads-93-drop-coal-fired-electricity
20 www.transitionpathwayinitiative.org/publications/82.pdf?type=Publication
21
22 www.climateaction100.org/progress/net-zero-company-benchmark/
23 www.iea.org/reports/net-zero-by-2050
24
26 https://www.iea.org/reports/tracking-transport-2020
28 www.iea.org/reports/electric-vehicles
29
32 https://www.businessgreen.com/news/4010947/half-world-economy-eyeing-net-zero-transition-analysis
RISIKOÜBERLEGUNGEN
Es besteht keine Garantie dafür, dass die Strategie ihr Anlageziel erreicht. Portfolios sind Marktrisiken ausgesetzt, d. h. es besteht die Möglichkeit, dass der Marktwert der Wertpapiere im Portfolio zurückgeht und der Wert der Portfolioanteile in der Folge geringer ist als zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Anleger. Marktwerte können sich aufgrund wirtschaftlicher und anderer Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen, Gesundheitskrisen, Terrorismus, Konflikte und soziale Unruhen), die Märkte, Länder, Unternehmen oder Regierungen betreffen, täglich ändern. Der Zeitpunkt, die Dauer und mögliche negative Auswirkungen (z. B. Portfolio-Liquidität) von Ereignissen lassen sich nur schwer vorhersagen. Anleger können deshalb durch die Anlage in dieses Portfolio Verluste verzeichnen. Anleger sollten beachten, dass diese Strategie bestimmten zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein kann. Es besteht das Risiko, dass sich die Assetallokationsmethode und die Annahmen des Anlageberaters in Bezug auf die zugrunde liegenden Portfolios im Zusammenhang mit den tatsächlichen Marktbedingungen als falsch erweisen, sodass das Portfolio sein Anlageziel womöglich nicht erreicht. Aktienkurse sind darüber hinaus oftmals Schwankungen ausgesetzt, und es besteht ein erhebliches Verlustrisiko. Die Anlagen des Portfolios in Commodity-Linked Notes sind mit erheblichen Risiken verbunden. Hierzu zählt auch das Risiko des Verlustes eines wesentlichen Teils ihres Kapitals. Neben Rohstoffrisken könnten sie weiteren Risiken ausgesetzt sein, die bei traditionellen Aktien und Anleihen keine Rolle spielen, wie der Verlust von Zinsen und Kapital, ein fehlender Sekundärmarkt und größere Volatilität. Währungsschwankungen könnten Anlagegewinne vernichten oder Anlageverluste vergrößern. Anleihen sind von der Fähigkeit des Emittenten abhängig, rechtzeitige Zinszahlungen zu leisten (Kreditrisiko), und unterliegen sich ändernden Zinsen (Zinsrisiko), der Kreditfähigkeit des Emittenten und der allgemeinen Marktliquidität (Marktrisiko). In einem Umfeld steigender Zinsen können Anleihekurse fallen und zu volatilen Phasen sowie zur verstärkten Rückgabe von Fondsanteilen führen. Bei fallenden Zinsen können sich die laufenden Erträge aus dem Portfolio reduzieren. Längerfristige Wertpapiere können sensibler auf Zinsänderungen reagieren. Aktien und ausländische Wertpapiere sind in der Regel volatiler als Anleihen und unterliegen Währungs-, politischen, wirtschaftlichen und Marktrisiken. Aktienkurse reagieren auf unternehmensspezifische Aktivitäten. Die Aktien kleiner Unternehmen weisen besondere Risiken wie begrenzte Produktlinien, Märkte und Finanzressourcen auf. Darüber hinaus sind sie einer stärkeren Marktvolatilität ausgesetzt als die Wertpapiere größerer, etablierter Unternehmen. Die Risiken einer Anlage in Schwellenländern übersteigen jene Risiken, die mit Investitionen in Industrieländern verbunden sind. Die Anteile börsengehandelter Fonds (ETFs) unterliegen im Wesentlichen den gleichen Risiken wie Direktinvestitionen in herkömmliche Aktien oder Anleihen, und ihr Marktwert unterliegt den Schwankungen des zugrunde liegenden Index. Durch Anlagen in ETF, sowie andere Investmentfonds, absorbiert das Portfolio sowohl seine eigenen Aufwendungen als auch die des ETF und der Investmentfonds, in die es investiert. Angebot und Nachfrage von ETF und Investmentfonds korrelieren möglicherweise nicht mit den zugrunde liegenden Wertpapieren. Finanzderivate können illiquide sein, Verluste unverhältnismäßig stark steigern und die Portfolioperformance unter Umständen deutlich schmälern. Ein Währungstermingeschäft ist ein Sicherungsinstrument, das keine Upfront-Zahlungen vorsieht. Der Einsatz von Fremdkapital kann die Volatilität des Portfolios erhöhen.
ESG-Strategien, die Impact-Investing- und/oder ESG-Faktoren berücksichtigen, können dazu führen, dass die relative Anlageperformance von anderen Strategien oder breiten Marktbenchmarks abweicht. Dies hängt davon ab, ob der Markt solche Sektoren oder Anlagen aktuell bevorzugt. Daher ist nicht gewährleistet, dass ESG-Strategien zu einer günstigeren Anlageperformance führen werden.
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Head of ESG, Global Balanced Risk Control team
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